Zu früh, zu schnell, zu kalt. Wie es dazu kam, dass mein Freiwilligendienst vor einem Monat ein abruptes Ende nahm, wie ich Teil der größten Rückholaktion Deutschlands wurde und wie es mir damit ging, erfahrt ihr heute.

Die Corona Wolke

Schon seit Januar schwebt die Corona Wolke über Kambodscha. Das ganze Land und insbesondere Siem Reap lebt vom Tourismus. Vor allem unter Chinesen ist Kambodscha ein sehr beliebtes Urlaubsziel. Durch die zunehmende Verbreitung des Virus blieben die Besucher mitten in der Hauptsaison aus, die Ticketverkäufe im Angkor Park gingen rasant zurück, Tuktuk-Fahrer und Tourguides waren ohne Aufträge, Hotels und Restaurants mussten aus wirtschaftlichen Gründen schließen. In Deutschland schien sich zu dem Zeitpunkt noch kaum jemand so wirklich für die Sache zu interessieren.

Mitte März: Exponentiell steigende Infektionsraten, Social Distancing, Klopapier wird knapp. Ich war gerade im Urlaub, als sich die News aus Deutschland und aller Welt überschlugen. Auf meiner thailändischen Insel kam mir das alles sehr weit weg vor. Dann verschärfen sich die Einreisebedingungen. Noch gerade so konnte ich zurück nach Kambodscha einreisen, bereits 2 Tage später wurden die Grenzen für Staatsbürger aus Risikoländern geschlossen, auch für Deutsche. Kambodscha hatte zu dem Zeitpunkt gerade einmal 47 bestätigte Covid-19 Fälle. Alles gut. Ich war froh hier zu sein, fernab von Panik und leeren Supermarktregalen und stellte mich auf fünf letzte, entspannte Monate in Siem Reap ein.

Böse Überraschungen

Wie aus dem Nichts erreichte uns dann die Nachricht der deutschen Bundesregierung: Alle 3170 Freiwillige des Weltwärts-Programms sollen sicherheitshalber auf schnellstem Wege zurück nach Deutschland geführt werden. Schock, Wut, Enttäuschung, Trauer, Machtlosigkeit. Irgendwo dazwischen oder alles zusammen. Es begann ein Schwebezustand, der ein absolutes Gefühlschaos hinterlässt. Völlig absurd die Vorstellung jetzt sofort wieder zurück nach Deutschland zu fliegen. Was passiert mit meinem Projekt? Wer übernimmt meinen Aufgaben und Verpflichtungen, die ich in Kambodscha habe? Ich bin hier doch noch gar nicht fertig! Wird man denn hier gar nicht gefragt?!? Mir gehts doch gut hier!

Bereits 5 Tage später sollten wir im Flugzeug sitzen. Es hieß also schnell Sachen packen, Abschied nehmen von den Kollegen, von liebgewonnenen Freunden, vom Lieblingsessen und den Mangos. Auf dem Weg zum Flughafen dann die nächste böse Überraschung: Ihr Flug wurde gestrichen. Was folgt ist Ungewissheit. Ungewiss wie lange wir in einem Hotel in Phnom Penh bleiben müssen. Ungewiss wann wir einen anderen Flug bekommen und ob überhaupt, denn die waren mittlerweile rar und lagen preislich bei etwa 3000€ (Economy Class). Abgesehen davon, wie unfassbar doof man sich fühlt, wenn man sich schon verabschiedet hat und dann doch noch da ist.

Es geht weiter

Eine Woche später dann die erlösende Nachricht vom Auswärtigen Amt: Eine Rückholaktion für Deutsche in Kambodscha sei geplant. Dann ging alles ganz schnell. Bereits 2 Tage später sitzen wir in einem der zwei Charter-Flüge, der uns und die anderen 446 Deutschen sicher nach Frankfurt bringt.* Deutschland begrüßt mich mit 0° Celsius, 30€ Flughafen-Parkgebühren und 1,5m Abstand. Wie es mir damit geht, was ich an Kambodscha vermisse, wie es mit meinem Projekt weitergeht und ob ich den Temperaturunterschied von -36 Grad verkraftet habe, gibt es vielleicht in einem nächsten Beitrag zu lesen.

*Hut ab an dieser Stelle für eine reibungslose Organisation der Rückholaktion in Kambodscha.

1. Mai 2020